













Sommer. Ende August 2021. Unter freiem Himmel im Duisburger Norden wird grade eine lange Tafel mit weißen Tischdecken ausgelegt. Tiefe Teller und Löffel stehen bereit – das sieht nach Mittagessen aus. Aber wer tischt hier für wen auf? Die Duisburger Werkkiste verteilt heute an alle Stadtteilbewohnenden Suppe – for free! Damit wird der Gewinn einer Challenge aus dem letzten Jahr direkt in ein weiteres Projekt reinvestiert: Vor fast genau einem Jahr, im August 2020, hatte die Werkkiste mit der Aktion „Seifenkiste“ beim Wettstreit um das ertragsreichste Sozialprojekt den ersten Platz gemacht. Heute finanzieren sie davon die Suppentafel in Bruckhausen. Von Duisburg für Duisburg.
Und wer kocht? Dzenana Hegemann, ausgebildete Köchin und Projektleitung, rührt in einem riesigen Topf. Der Dampf der heißen Speise lässt die Gläser der Köchin leicht beschlagen. Sie gibt dem Gericht den letzten Schliff. Uns steigt der aromatische Duft von frischer Tomatensuppe in die Nase – hmm.
Doch Dzenana kocht nicht nur heute für Duisburg. Sie ist bereits seit 10 Jahren Teil der Werkkiste und erfreut die Herzen und Mägen vieler Duisburger und Duisburgerinnen mit reichhaltigem und liebevoll zubereitetem Mittagessen. Dabei ist das Angebot sowohl auf den kleinen Geldbeutel als auch auf die persönliche Essgewohnheit abgestimmt – halal, koscher, vegetarisch, vegan und das für nur 2 Euro pro Speise.
Das Salz in der Suppe ist sicher die gute Seele der Werkkistlerin. „Ich kann meinen Beruf mit meiner Leidenschaft, zu helfen, verbinden“ sagt sie. „Das Strahlen in den Gesichtern, wenn ich ein Teller warmes, frisches Essen überreiche, ist unbezahlbar“. Dass Dzenana mit ihren Kollegen und Kolleginnen an diesem Tag das Essen persönlich ausschenken darf, ist für alle etwas Besonderes. Aufgrund der Pandemie waren Zusammenkünfte, wie diese heute, lange nicht möglich. Hunger hatten aber trotzdem alle. Und so sind die Werkkistler mit Dzenanas Essen bis zur Haustür ihrer Nachfrager gekommen und reichten Suppe in Gläsern kurzerhand durch das Fenster. An Weihnachten brachten sie selbstgebackene Plätzchen.
Das Pilotprojekt der Suppentafel der Duisburger Werkkiste, welches wissenschaftlich durch die Universität Duisburg-Essen begleitet wird, bekommt Unterstützung durch die Stiftung Wohlfahrtspflege und sorgt für etwa 60 gesättigte Bäuche pro Tag. Doch hier wird mehr als der Hunger nach Essen gestillt, nämlich auch das Bedürfnis nach sozialen Kontakten. Köchin Dzenana Hegemann und Abteilungsleitung Susanne Patzelt berichten von vielen intensiven Gesprächen über Sorgen, Ängste und Nöte während der Essenausgabe. Sie sind somit zu wichtigen Bezugspersonen für die Bewohnenden geworden. „Wir versuchen in allen Richtungen zu helfen“, erzählt Susanne Patzelt.
Dzenana selbst schätzt an der Werkkiste vor allem das kollegiale Miteinander. „Wir ergänzen uns sehr gut“ fasst die Duisburgerin zusammen. Das Team hat nicht nur berufliche unterschiedliche Hintergründe, sondern auch ethnische. Dzenana etwa ist mit 18 Jahren aus Bosnien Herzegowina nach Deutschland geflüchtet – allein. „Das war auch nicht ganz einfach“ erinnert sie sich, „aber heute hilft es mir die Menschen zu verstehen und nachzuvollziehen, wie sie sich fühlen“. Sie weiß, wie es ist, in ein fremdes Land zu kommen und kennt die Herausforderung, sich dort ein neues Leben aufbauen zu müssen.
Heute, über 25 Jahre später, ist sie Mutter, lebt in Duisburg und erfreut sich täglich daran, anderen etwas Gutes zu tun können. „Nächstenliebe geht durch den Magen“.